Der Verbandstag des DGV ist in den Büchern, und wenn man sich die Ergebnisse anschaut, kann man wieder einmal nur den Kopf mit Anlauf gegen den Türrahmen rammen. Denn das, was Hans-Joachim Nothelfer und seine Mehrheitsbeschaffer unter dem Vorwand beschlossen haben, den Golfsport nach vorne zu bringen, ist wieder einmal sehr fragwürdig.
Tatsächlich kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Clubvertreter und die Verbandsführung des DGV maximal bis zum nächsten Verbandstag in die Zukunft blicken. Das wird besonders beim Beschluss über eine neue Werbekampagne offensichtlich. Denn diese Kampagne, deren Wirkungspotenzial ohnehin mehr als fragwürdig ist, soll nicht etwa neue, zukunftsträchtige Zielgruppen erschließen. Vielmehr soll sie die ohnehin schon angezapten gutverdienenden Männer 45+ ansprechen. Ein Dienst an der Öffentlichkeit, die sich jetzt nicht aufwändig neue Klischees über den Golfsport ausdenken muss, sondern weiter am Bewährten festhalten kann.
Es wird also auch in Zukunft keine TV-Werbung bei “Shopping Queen” (iiiih, Frauen!) oder “Circus Halligalli” (iiiih, Jugendliche) geschaltet. Vermutlich passt nicht mal DMAX in das avisierte Schema. Wahrscheinlich wird uns die Werbung im Vorlauf der Tagesschau (mehr als 1500 Euro pro Sekunde) oder bei Soko Leipzig (600-700 Euro pro Sekunde) begegnen. Man würde es den Mannen des DGV sogar zutrauen, wenn sie in ihrer unendlichen Weisheit auf die Idee kämen, gutsituierte Männer man am Besten bei den Golfübertragungen von Sky zu finden. Doch am Absurdesten wird es, wenn man sich vor Augen führt, was der Golfsport für diese Werbekampagne eigentlich bekommt.
Crossmedial angelegt über drei Jahre, mit einem Gesamtetat von 4,9 Millionen Euro, bleiben am Ende vermutlich im besten Fall 3 Millionen Euro für die Buchung von TV-Spots. Da die angepeilte Zielgruppe die ist, für die TV-Sender die höchsten Werbepreise verlangen, kann sich der DGV vielleicht hundert 30-Sekünder leisten. In vier Jahren. Man kann regelrecht sehen, wie den deutschen Golfverbänden die Anmeldeformulare ausgehen, ob der aggressiven Werbekampagne mit einem TV-Spot alle elf Tage.
Auch mit einer anderen Maßnahme wehren sich die Clubvertreter geschickt gegen einen zu großen Ansturm von neuen Mitgliedern. Zum fünften Mal stand ein Antrag auf Abschaffung der Hologramm-Kennzeichnung auf der Agenda. Zum fünften Mal lehnte eine Mehrheit der Abgeordneten diesen ab. Ein Punkt, bei dem sich wieder einmal zeigt, wie diametral die Interessen der Clubs auseinander gehen. Auf der einen Seite gutsituierte Clubs, die sich dank hoher Mitgliedsbeträge eine Elite-Stellung erarbeitet haben und nicht wollen, dass ungewaschene Golfer aus den Slums mit ihren antiken Schlägern aus dem Jahr 2010 und ihren Billig-Klamotten von Puma und Nike die Umwelt verschandeln. Auf der anderen Seite Clubs, für die viele Mitglieder und Greenfeespieler überlebenswichtig sind. Eine Solidargemeinschaft wird sich zwischen diesen beiden Extremen niemals finden. Und da die ersten Clubs, die die Segel streichen werden, zur letzteren Gruppe gehören, haben Präsident Snow vom GC Panem und seine Kollegen ihre Mehrheit vermutlich auch die nächsten Jahre sicher.
Einen anderen Beschluss verkündete das DGV-Präsidium dann gleich ganz ohne Rückmeldung des Plenums. Die Herren, die uns in den Jahren zuvor schon solch brillante Ideen wie CSA und CBA beschert haben, haben allen Ernstes ihr Hirngespinst eines Lebenshandicaps durchgesetzt. Bisher konnten sich bekanntlich Golfer mit einem Handicap über 36 nicht verschlechtern. Diese Grenze wird nun deutlich nach unten verlagert. Bis zu einem Handicap von 18,5 sind ab 2016 nur noch Verbesserungen möglich. Die Grundidee des Handicaps, nämlich eine Vergleichbarkeit von Spielern unterschiedlicher Handicapklassen zu gewährleisten, ist damit endgültig ad absurdum geführt. Angeblich soll diese Maßnahme eine motivierende Wirkung haben. Es ist ja auch sehr motivierend, wenn man nach Verletzungen oder aufgrund steigenden Alters sein Handicap nicht mehr spielen kann und jede Woche mit 15 Nettopunkten nach Hause geht, weil sich das Handicap nicht mit entwickelt.
Was in den Gehirnen der Verbandschefs vorgeht, um auf eine solche Idee zu kommen, bleibt ein Rätsel: Vorsätzliche Handicapschoner erreicht man mit dieser Maßnahme zumindest nicht. Stattdessen wird es in Deutschland in Zukunft immer mehr Golfer mit einem sogenannten Vanity Handicap geben, die es zwar nicht mehr spielen, aber damit prahlen. Das letzte recherchierbare Handicap von DGV-Präsident Hans-Joachim Nothelfer lag (Stand 2012) übrigens bei 19,6. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Aber an Peinlichkeiten ist der DGV ohnehin nicht zu überbieten. Schließlich prangert der DGV auch aktuell noch auf der Webseite Wunschhandicap.de genau das an, was er jetzt fördert. Zitat Alexander Klose, Vorstand Recht & Regularien:
Ein Handicap ist insbesondere kein Statussymbol oder ein Leben lang möglichst niedrig “eingefroren”.