Was war der Aufschrei groß, als im Vorfeld der deutschen Ryder-Cup-Bewerbung der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière Golf als Randsportart bezeichnete. Zumindest die honorigen Randsportler regten sich auf. Wahrscheinlich hauptsächlich wegen des Wortes “Rand”, das so unglaublich unwichtig und irgendwie abseits der Gesellschaft klingt. Und da sehen sich die Golf spielenden Randsportler nun überhaupt nicht. Viel eher stehe man über der Gesellschaft, hört man noch vielerorts auf den Clubterrassen.

Jahrzehntelang war in Deutschland Golf ein Zeitvertreib der Vermögenden. Geld musste man haben, um die Schläger schwingen zu können. Die Aufnahmegebühren der Clubs waren astronomisch hoch und die Ausrüstung schweineteuer. Aber das war in Ordnung. Man sah sich gerne als Elite und blieb lieber unter sich.

In den vergangenen zehn Jahren hat sich einiges geändert. Allerdings mehr aus der Not heraus. Der Golfsport litt aufgrund seiner Klientel und des rigiden Clubsystems unter einem Imageproblem. Der Nachwuchs blieb aus, die Mitgliederdecke schrumpfte in vielen Clubs, finanzielle Schieflagen waren mancherorts die Folge. Und so erfand der Deutsche Golf Verband etwas lieblos die Vereinigung clubfreier Golfer, senkten die Clubs ihre Beiträge und übten sich häufig zum ersten Mal in Marketing.

Nicht alle waren damit einverstanden.

Ich kann mich noch gut erinnern, dass als mein jetziger Heimatclub plötzlich für eine gewisse Zeit die Aufnahmegebühr strich und die Möglichkeit eines monatlichen Mitgliedsbeitrags einführte, manch ein Konkurrent aus dem Hamburger Umland unkte, das dieses ein Akt der Selbstzerstörung sei. Die negativen Folgen hielten sich rückwirkend betrachtet allerdings in Grenzen. Angeblich ist zwar Nippel-Sänger Mike Krüger deshalb bei uns ausgetreten, aber dafür haben wir jetzt 27 Löcher, jede Menge “junge” Mitglieder und noch immer keine Startzeiten.

Wenn man jedoch mal ehrlich ist, dann hat sich auch durch solche Aktionen nicht viel am Image des Golfsports geändert. Das hat in meinen Augen damit zu tun, dass man sich heute noch recht wohl in seiner elitären Haut fühlt. Wie groß der Schaden ist, den diese Einstellung über die Jahrzehnte dem deutschen Golfsport und der Golf spielenden Allgemeinheit zugefügt hat und noch immer zufügt, ist da wohl vielen überhaupt nicht bewusst.

Die Vorherrschaft der Eliten ist meiner Meinung verantwortlich für die horrenden Preise, die wir in Deutschland für Golfschläger und dem Rest vom Schützenfest bezahlen müssen. Die Reichen haben den Markt versaut. Früher konnten die Hersteller hierzulande jeden Preis von der solventen Kundschaft verlangen. Es wurde – ohne mit der Wimper zu zucken – bezahlt. Je teurer, umso besser und umso mehr Prestige im Clubleben.

Inzwischen sollte eigentlich auf dem recht überschaubaren deutschen Golfmarkt ein regelrechter Kampf um die wenigen Randsportgolfer herrschen. Stattdessen fordern Titleist, Taylormade, Ping und Co. weiterhin ungehemmt ihre überzogenen Preise ein. Der Deutsche ist halt nichts anderes gewohnt und greift tief in die Brieftasche. Wer einmal in den USA zum Schläger-Shoppen war,  der  merkt schnell, dass man hierzulande ordentlich über den Tisch gezogen wird. Und das liegt nicht nur am günstigen Dollar-Kurs.

Auch in sportlicher Sicht hat die elitäre Klientel dem deutschen Golf geschadet. So gestaltete sich die Nachwuchsarbeit früher schwierig,  da natürlich für gefühlte Ewigkeiten größtenteils nur die Enkel reicher Omas in den Clubs mitspielen durften. Zwar gibt man sich heutzutage offener, lädt Schulklassen zu Schnupperstunden ein und setzt auf moderne Jugendarbeit, doch sobald die Jugendlichen in der Mannschafts-Maschine sind, beginnt vielerorts die Verhätschelung, das Schulterklopfen und manchmal die Umerziehung zum elitären Schnösel. Glücklicherweise werden nicht alle jungen Talente Opfer dieser Körperfresser, aber “man muss schon ganz schön aufpassen, wer da was meinem Jungen eintrichtert”. Das erzählte mir zumindest jüngst ein guter Bekannter, dessen minderjähriger Sohn als großes Talent von Edelclubs umgarnt wird.

Unser derzeit bester Golfer, Martin Kaymer, ließ sich neulich in Köln zu dem wunderschönen Statement hinreißen, dass die deutschen Nachwuchsprofis einfach “zu faul” seien. “Die Jungs müssen auf die Europa-Tour, um sich mit den anderen zu messen. Aber in Deutschland wird man viel zu schnell gelobt, wenn man mal was geschafft hat”, sagte der Nestbeschmutzer.

Recht hat er, der Kaymer. Die deutschen Jungprofis sind zu satt. Ihnen fehlt das berühmte Auge des Tigers, dass Apollo Creed einst von Rocky Balboa in “Rocky III” einforderte. Der Nachwuchs lernt nicht für den Erfolg zu arbeiten, denn ihnen wird schon in frühen Jahren ordentlich Puderzucker in den Hintern geblasen. Eine Erkenntnis, die auch “Team Germany”-Trainer Martin Hasenbein schon vor Jahren in dem Magazin PLOCK! zum Besten gab. Man muss nur mal das Abschneiden der deutschen Pros in den vergangenen Jahren auf der EPD- oder Challenge-Tour betrachten, um festzustellen, dass wir im internationalen Vergleich golferisch Nachholbedarf haben.

Bitte nicht falsch verstehen: Elitäre Clubs haben natürlich eine Daseinsberechtigung. Sei es nun in Deutschland, Barbados oder in den USA. Reiche brauchen ein Refugium, einen Rückzugsort, der frei vom Pöbel ist. Es sei ihnen gegönnt, sie haben es sich verdient. Schädlich war es allerdings, dass der Großteil der deutschen Golflandschaft lange Jahre aus ebensolchen Clubs bestand – und die Kultur der vermeintlichen Eliten sich weiterhin dort austobt.  Es scheint sich nichts zu ändern. Stattdessen wird der Nachwuchs von ihnen Borg-mäßig assimiliert, die Hersteller bitten uns unverschämt zur Kasse  und unser Randsport bleibt weiterhin ein selbstverschuldeter Randsport. Danke, ihr Eliten!

Ich würde mir eine friedliche Revolution wünschen. Eine Übernahme der Landesverbände und Clubvorstände durch uns, die neue Generation der Golfer, die wegen des Sports und nicht wegen der guten Gesellschaft in die Clubs gegangen sind. Ein Aufbegehren der Geister, die man in den vergangenen Jahren rief. Doch leider sind wir  in der Minderheit. Wir gewinnen keine Wahlen auf den Mitgliederversammlungen. Wir sind eine Randgruppe in der Randgruppe. Noch.

  1. Puh, ganz schön polemischer Rundumschlag, den Du da ablieferst. Ich bin allerdings ziemlich anderer Ansicht, jedenfalls was die meisten Punkte betrifft.

    Ich spiele in einem dieser als snobistischem Eliteclubs verschrieenen Clubs. Ich bin dort sozusagen groß geworden. Nach einer mehrjährigen Golfabstinenz und einem Umweg über einen jungen Club, dessen Mitglieder von einem gierigen Betreiber gnadenlos für unterirdische Leistungen zur Kasse gebeten wurden, bin ich wieder in meinen alten Club eingetreten. Nicht, weil er so elitär ist (ist er nicht; er hat soweit ich weiß die meisten Mitglieder aller Clubs in unserem Golfverband), sondern weil er in (nicht nur meinen) meinen Augen über den schönsten Platz verfügt – und ich habe mir wirklich drei oder vier Jahre lang jeden Platz im Hamburger Raum, zwischen Gut Apeldör und Lohersand in Schleswig-Holstein und St. Dionys oder Gut Deinster Mühle in Niedersachsen angesehen. Viele Clubs haben schöne Plätze und sind auch eine weite Anreise wert, aber letztlich kam für mich auch unter der Berücksichtigung der Spielfrequenz und der Spritpreise nur einer in Betracht. Wenn man gern fünf Tage die Woche auf dem Platz steht, besser sieben, dann kann man sich keine drei oder vier Stunden An- und Abreise pro Tag leisten. Also, ich jedenfalls nicht.

    Mein Club ist extrem sportlich orientiert und sehr ehrgeizig, den unzähligen Titeln der vergangenen über 100 Jahre seiner Geschichte auch möglichst viele neue Titel folgen zu lassen. Talente werden entsprechend gefördert, zusätzliche Trainer für den Nachwuchs eingestellt, die Historie und der eigenen Anspruch verpflichten. Anders als ein gewisser Club im Süden der Republik (wie man munkelt) kaufen wir keine Spieler ein; wer für unsere Mannschaft spielen will, soll das tun weil er für unseren Club erfolgreich spielen will und nicht, weil er z.B. einen neuen A4 zur Begrüßung bekommt. Und komisch, die Leute, die so über uns ablästern sind häufig diejenigen, die für ihr Leben gern bei uns mal spielen möchten. „Ja, der Platz ist toll, aber die Leute bei Euch …“ höre ich auch oft. Nun, die Leute bei uns sind die gleichen Leute wie überall sonst. Die meisten Menschen auf der Welt sind sehr nett, aber klar, auch anstrengende Typen gibt es überall, so auch bei uns. Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Ich kenne ürbigens Deinen Club noch aus seinen Anfängertagen. Er wurde viel belächelt, viele Bäume waren gerade angepflanzt, die Mitglieder spielten kreuz und quer und waren mit so viel Elan wie wenig Erfahrung dabei. Heute habt Ihr einen wunderschönen Platz mit gewachsenem Baumbestand (jedenfalls die ersten 18 Bahnen) und Eure älteren Mitglieder stöhnen über die vielen neuen Mitglieder, obwohl Ihr sie braucht, um den neuen Platz zu finanzieren. Auch hässliche Worte über die vielen koreanischen Mitglieder habe ich schon vernommen. Man muss kein hundertjähriger Snobclub sein, um Arschlöcher anzuziehen. Das schafft man auch mit einem zehn oder fünfundzanzig Jahre alten Club.

    Ja, Golf ist in Deutschland ein Randsport, und das wird es wohl auch immer bleiben. Wir haben einfach nicht den Platz für Golfplätze an jeder Ecke; wir sind eine dicht besiedelte Industrienation. Eine Runde Golf dauert heute fast doppelt so lange wie vor dreissig Jahren, und das liegt auch daran, daß die Plätze an die Grenzen ihrer Kapazitäten stoßen (und an den Deppen, die sich an den Deppen der Pro Touren orientieren, bei denen jeder Putt um mehrere hunderttausend Dollar gehen kann). Golf ist ein Luxus, den man sich vor allem zeitlich leisten können muss. Die Ausrüstung kostet so viel oder wenig wie eine gute Tennis- oder Skiausrüstung, ganz zu schweigen von Radrennfahrern oder Tauchern, die noch viel tiefer in die Taschen greifen als wir Golfer. Aber mit einer Fussballerausrüstung können wir nicht konkurrieren, das stimmt.

    Ein Fussballspiel dauert 90 Minuten, plus Halbzeit, plus An- und Abfahrt und Bierchen danach dürften die meisten der 22 Spieler wohl nach drei Stunden wieder zuhause sein. Eine Runde Golf dauert zwischen zweieinhalb (schnelle Privatrunde von Leuten, die wissen was si tun) und fünf Stunden (Turnier mit 120+ Teilnehmern, darunter vielen Anfängern), An- und Abfahrt, Bierchen, ggf. Siegerehrung etc. Da ist schnell ein ganzer Tag weg. Wer kann das zeitlich so regelmäßig einrichten, daß er alsbald vom blutigen Anfänger zum Golfer wird?

    Der Golfschwung ist einer der kompliziertesten Bewegungsabläufe in allen bekannten Sportarten, getoppt wird er nur noch durch den des Stabhochspringers. Den ohne Lehrer zu erlernen und kontinuierlich und konstant auszuführen ist wohl nur den wenigsten unter uns gegeben. Die Lernkurve ist steil, die ersten Monate sind oft frustrierend. Eine Prostunde kostet etwa zwischen 40 und 100 Euro. Elitär? Ja, sicher! Das liegt in der Natur der Sache.

    Golfschläger hingegen sind hierzulande relativ teuer, weil es (noch) geht. Jeder Kaufmann versucht, den bestmöglichen Preis für seine Ware zu erzielen. So lange die Leute blind und ohne auf den Preis zu schielen 1.000-2.000 EUR für einen in Massenfabrikation hergestellten Schlägersatz zahlen (davon etwa 80% fürs Marketing), wird sich nichts ändern. Aber das Internet hat auch hier Transparenz hineingebracht. Kaum jemand kauft noch unbesehen im Proshop für jeden noch so absurden Apothekenpreis seinen Driver. Im Spicygolfforum flammt immer mal wieder die hitzige Diskussion um günstige Online-Preise einerseits und die Unterstützung des heimischen Einzelkämpfers im Proshop andererseits auf. Letztlich zahlt man für das, was man kriegt: einen 08/15 Satz aus dem Ausland, u.U. mit der Gefahr einer Fälschung und Einkassierung derselben durch den Zoll, oder einen 08/15 Satz aus dem Proshop im eigenen Club, der dem Pro erlaubt, den Winter auf Gran Canaria zu verbringen. Oder natürlich etwas maßgeschneidertes von einem der wenigen echten Clubmaker, mit exotisch anmutenden Komponenten, und einem fitting, das diesen Namen auch verdient und nichts mit dem Quatsch zu tun hat, den man bei manchem Hersteller oder gar Onlinehändler als fitting bezeichnet. Meinen Beobachtungen nach sind es nicht wenige, die für diese Leistung tief in die Tasche greifen und ansonsten mit der VcG- oder einen anderen billigen Fernmitgliedschaftslösung auf den Platz gehen. Motto: weniger ist mehr. Mach’ mal eine Umfrage im Spicyforum, aber Du kennst die üblichen Verdächtigen dort ja genauso gut wie ich.

    1. Alsooooo … meine “Tirade” ist kein Angriff auf den Hamburger Golf Club für den du als Mitglied so eloquent in die Bresche springst. Es geht um die Kultur in einer Vielzahl von Golfclubs … und da schließe ich meinen Heimatverein nicht aus.
      Über den sportlichen Output in Sachen Profigolf hat glaube ich auch dein club in den vergangenen Jahrzehnten nicht viel Großtaten vollbracht. Trotz der in meinen Augen großartigen Förderung.

      Ansonsten ist der Kommentar leider soooooooo lang, dass wir uns dringend auf ein Bier treffen sollten, um darüber zu streiten.

      1. Ach soo, Dir geht’s in erster Linie darum, Profigolfer zu schmieden! Ja gut, da hat sich wohl kein deutscher Club hervorgetan, das sehe ich allerdings auch nicht als ihre primäre oder auch nur sekundäre Aufgabe an. Aber vielleicht bin ich da zu old school.
        Im Amateursport brauchen wir uns hingegen wohl kaum zu verstecken. ;)
        Und ja, ein Bier oder zwei sind dringend erforderlich, am besten nach einer gemeinsamen Runde!

  2. Du sprichst mir aus der Seele. Und ich dachte schon das ich mit meiner Meinung der einsame Rufer in der Wüste bin.
    Zum VcG bist du nicht ganz auf dem laufenden, der wurde nur Gegründet, um einen zweiten Golfverband neben dem DGV zu verhindern. Zu dem Zeitpunkt gab es noch den “Der öffentliche Golfverband – DVG”. Die Entwicklung dieses Verbandes zwang den DGV dazu ein Gegenstück dazu zu entwerfen – deswegen auch das ungeliebte Kind.
    Gern kannst du dir zum DVG ein paar Infos von Herbert Schlapp holen. http://www.schlapp-schotten.de/dvg.htm
    Allein das ist schon eine Geschichte wert.

    bis denne
    rebel

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