Geplatze Ryder-Cup-Traeume
Geplatze Ryder-Cup-Traeume

Gebt endlich die Ryder-Cup-Traeume auf!

Mitte Dezember haben sich die Ryder-Cup-Traeume des Deutschen Golf Verbandes zum zweiten Mal in Luft aufgelöst. Und alle stellen sich nur eine Frage: Wird man sich noch ein drittes Mal bewerben? Der DGV-Präsident Claus Kobold gibt sich im Interview mit der Sueddeutschen Zeitung (derzeit hinter einer Paywall) sehr diplomatisch:

Wir werden uns in aller Ruhe mit den Beteiligten besprechen und gemeinsam, in sorgfältiger Abstimmung mit unseren Mitgliedern überlegen, ob und wann wir einen dritten Anlauf angehen.

Dazu kann man nur sagen: Bitte nicht! Denn der DGV ist eindeutig nicht in der Lage, eine konkurrenzfähige Bewerbung abzuliefern. Dabei hat man felsenfest behauptet, man habe aus den früheren Fehlern gelernt. Tatsächlich hatte man fünf zentrale Schwachstellen der ersten Bewerbung ausgemacht:

  • weil die Bewerbung ohne einen bestehenden Platz gemacht wurde, blieb sie vage.
  • Weil man European-Tour-Sponsor BMW nicht im Boot hatte, gab es Gegenwind.
  • Weil Martin Kaymer erst nach Monaten für Deutschland warb, suggerierte dies fehlende Unterstützung der Profis.
  • Weil es keine Steuererleichterung gab, schien die Politik gegen die Bewerbung zu sein
  • Weil das Bewerbungsvideo peinlicher als ein Modern-Talking-Clip war, machte man sich zum Gespött

All dies verbesserte man in diesem Jahr. Auf ein Bewerbungsvideo verzichtete man ganz, Martin Kaymer und viele andere deutsche Profis waren von Anfang an eingebunden, mit dem Faldo-Platz im Sporting Club Berlin wollte man einen bestehenden Platz nutzen, die Bewerbung entstand in engster Koordination mit BMW, und schließlich sicherte sogar die Politik eine Quellensteuerbefreiung für das Event zu, damit die ach so arme European Tour ihren Riesen-Profit komplett einsacken kann. Die Frage schien also nicht zu sein, ob das Ja für den Ryder Cup in Deutschland kommt, sondern wann. Dummerweise hatte die Fehleranalyse selber einen entscheidenden Fehler: sie verkannte, dass es der European Tour am Ende einfach nur um das meiste Geld geht.

Dabei macht man es sich zu leicht, alles auf die neue Personalie Keith Pelley zu schieben, wie es viele Frustrierte im Nachklapp der Vergabe an Italien machten. Denn dass Geld das einzige Kriterium für die Ryder-Cup-Vergabe auf europäischem Boden ist, ist keine neue Entwicklung. Der Ryder Cup hat nicht im K Club, in Celtic Manor oder in Gleneagles stattgefunden, weil die Plätze so herausragend waren, die Infrastruktur so perfekt oder das Wetter so genial. Sondern weil Michael Smurfit, Terry Matthews und der Getränkegigant Diageo ihre Schatullen ganz weit geöffnet haben. Und dass Frankreich den Zuschlag für 2018 bekommen hat, lag eben nicht daran, dass sie in den obigen fünf Punkten besser waren, sondern dass sie schlicht und einfach mehr Geld geboten haben.

Dieses Geschachere darf man als Golf-Fan mit Fug und Recht kritisieren – allerdings nicht als DGV. Wenn nun Claus Kobold gegenüber der SZ jammert, “Der DGV und unsere Bewerbungsgesellschaft Ryder Cup Deutschland haben sich geschlossen dagegen entschieden, das Bieterverfahren noch einmal zu öffnen und sind der Maßgabe “Nicht um jeden Preis” gefolgt”, dann ist dies mehr als scheinheilig. Schließlich hat man durch die Teilnahme am Bewerbungsverfahren genau dieses Bieterverfahren eben unterstützt. Wenn man die Regeln des Spiels akzeptiert, dann muss man auch damit leben können, wenn ein anderer das Spiel besser beherrscht.

Denn das Prozedere der European Tour kann nur funktionieren, solange mindestens zwei Kandidaten um die Austragung streiten und sich gegenseitig hochpushen. Entsprechend wäre es konsequent, wenn der DGV in Zukunft bei weiteren Bewerbungen außen vor bliebe und sich damit demonstrativ gegen diesen Vergabeprozess stemmt. Aber genau dies wird vermutlich nicht passieren, weil viele Offizielle den Ryder Cup nicht nur als Chance für Gold-Deutschland sondern als Chance für ihr eigenes Vermächtnis sehen.

Der größte Hohn ist allerdings, dass die European Tour noch im letzten Jahr das Bewerbungsverfahren für seine fairen, transparenten und objektiven Methoden feierte. Eine Lüge, wie sie dreister nicht sein könnte, denn das Hinterzimmer-Geschachere, das laut SZ in den letzten Tagen vor der Vergabe abgelaufen sein soll, ist an Intransparenz kaum zu überbieten. Dummerweise hat der DGV aber auch hier jedes Recht verwirkt, sich darüber zu empören.

Zwei Tage nachdem in diesem Blog enthüllt wurde, dass Groß Kienitz als deutscher Vertreter für die Ryder-Cup-Kandidatur ins Rennen gehen sollte, verkündete der DGV plötzlich Hals über Kopf, dass es ein faires Bieterverfahren geben soll. Eine Panikreaktion auf den Artikel? Angesichts der Tatsache, dass ich händeringend gebeten wurde, meinen Artikel abzuschwächen und andere Journalisten kurz darauf auf eine Mauer des Schweigens stießen, spricht vieles dafür. Warum sollte man auch Groß Kienitz am 10.September 2014 schriftlich zusichern “first choice” zu sein, wenn man plötzlich 14 Tage später ein Bieterverfahren eröffnet?

Doch es sollte noch schlimmer kommen. Denn laut Tagesspiegel griff die RC Deutschland GmbH im Januar plötzlich aktiv ins Bieterverfahren ein, indem sie das A-Rosa-Resort in Bad Saarow bat, doch auch teilzunehmen. Ob dies in der freien Wirtschaft, aus der man das Bieterverfahren ja abschaute, so akzeptiert worden wäre? Man muss es bezweifeln. Zumal dann am Ende der selbstgesuchte Bieter – welch Überraschung – auch noch den Zuschlag erhielt. Aus diesem Grund ist die deutsche Bewerbung die Letzte, die sich über das intransparente Verfahren der European Tour beschweren darf.

Wo lässt dies also die deutsche Bewerbung für die Zukunft stehen? Mit der Vergabe an Italien hat man eine Zahl, mit der man kalkulieren kann. Alleine das erhöhte Preisgeld für die Italian Open hat einen Wert von 62 Millionen Euro. Hinzu kommen die Kosten für den Umbau des Marco Simone Golf Resorts und die reine Ausrichtung des Ereignisses. Am Ende wird die Rechnung sicherlich nördlich von 80 Millionen Euro liegen – an dieser Nummer werden sich alle zukünftigen Bewerber orientieren. Doch Claus Kobold, dessen Bewerbung laut Insider-Informationen der SZ einen Wert von um die 40 Millionen Euro gehabt haben soll, hat ja bereits gesagt, dass man den Ryder Cup “Nicht um jeden Preis” haben wollte. Bleibt zu hoffen, dass er sich an diese Worte auch noch in vier Jahren erinnert.

Denn auch wenn man offiziell in diesem Jahr mit einer Unterstützung der Großsponsoren Allianz und BMW aufwarten konnte, sollte das Gros der deutschen Bewerbung erneut der deutsche Golfer tragen. Bereits für die 2018er Bewerbung sollte er zwölf Jahre lang 1,50 Euro zahlen, für die 2022er Variante steigerte man dieses Notopfer bereits auf zehn Jahre à 3 Euro. Sollte man es für 2026 mit einem Umfang von 80 Millionen Euro erneut versuchen, würde der DGV nach dieser Rechnung diese Umlage vermutlich auf zwölf Jahre à 5 Euro anheben. Ob der deutsche Golfer bereit ist, einen solchen Obolus zu zahlen, steht in den Sternen. Aber halt, er wird ja gar nicht gefragt. Der DGV holt sich die Legitimation für solche Aktionen schließlich nur von seinen Mitgliedern – den Golfclubs. Und die haben bisher immer brav ja gesagt, schließlich erhoffen sie sich vom Ryder Cup einen Mitgliederschub. Und das auch noch ganz umsonst, denn die Kosten dafür tragen die dummen Golfer, die in Deutschland keine Repräsentation haben. Man stelle sich einmal vor, es gäbe einee Volksabstimmung darüber, ob jeder deutsche Mieter zukünftig 5 Euro pro Jahr in die Verschönerung von Mietshäusern stecken muss. Aber zugelassen zur Wahl sind nur Vermieter. So sieht das Prinzip der Ryder-Cup-Bewerbung in Deutschland aus.

Machen wir uns nichts vor: auch wenn jeder US-Spieler 200.000 Dollar spenden darf und das europäische Team wohltätige Organisationen unterstützt, ist der Ryder Cup kein Charity-Event. Er ist ein knallhartes Business, das der European Tour einen achtstelligen Profit liefert. Und dies soll nach den Vorstellungen des DGV in erster Linie aus Steuermitteln und Mitgliedsbeiträgen von Golfern finanziert werden? Wenn man im Konzert der Großen mitspielen will, dann sollte man es auch wie die Großen machen und die nötigen finanziellen Mittel durch Sponsoren aus der freien Wirtschaft aufbringen. Genau dies hat Italien gezeigt, die den Marco Simone Platz natürlich nicht ins Rennen schickten, weil er so perfekt ist, sondern weil der Platz der Familie von Modeschöpferin Laura Biagotti gehört, die sich dieses Event einiges kosten lässt. Wenn es in Deutschland nicht möglich ist, einen solchen Mäzen und andere finanzkräftige Sponsoren zu finden, dann hat der Ryder Cup in Deutschland auch nichts zu suchen.

  1. Wie man es nicht besser hätte schreiben können. Wenn bloß mal die größeren Golf Zeitschriften auch endlich mal etwas kritischer berichten könnten, wäre das eine echte Bereicherung. Aber keiner traut sich was! Einen Spiegel im Golf Business gibt es leider nicht :-(

  2. Die Darlegung der Tatsachen ist sicher interessant gelungen.
    Mir missfällt die arrogante Bewertung der handelnden Personen im Sündenbock-Stil.
    Es krankt Vieles an einer Sorge vor Konsequenzen, die aktivem Handeln entgegensteht. Dies wird durch die Kommentarbissigkeit verstärkt.
    Herr Kobold – stellvertretend für alle handelnden Personen von DGV, PGA und RC-Bewerbungsteam – muss dem nicht gerade boomenden Sport auf die Sprünge helfen. Die Bewerbung beinhaltete die berechtigte Hoffnung ein solches Großereignis könnte mehr nachhaltige Präsenz der Randsportart Golf in Deutschland kreieren.
    Ob das 1, 2 oder 3 Euro im Jahr wert ist? Das kann bei jeder satzungsgemäßen Verbandsmaßnahme zur Sportförderung hinterfragt werden. Es klingt zunächst überschaubar.
    Dass diese hehren Ziele auf professionell profitorientierte Interessen stoßen macht sie nicht unmittelbar schlecht.
    Gar nichts hilft es den engagierten unter- oder überschwellig Profilneurose vorzuhalten. Das ist sehr leicht und findet jede Menge dümmliche Claqueure, deren Mangel an Intellekt oder gar Inspiration sie gerne neidgeplagt auf die Macher spucken lässt.
    Die beschriebene Tatsache, dass das Geld das Rennen gemacht hat und “wir” nicht mehr konnten oder wollten oder beides bleibt.
    Dass auch die Bevölkerung derlei sportlichen Großveranstaltungen gegenüber kritisch ist, hat sich ebenfalls wiederholt gezeigt.
    Dass die Sportwelt durch diese Entwicklung verarmt ist auch eindeutig – ebenso eine sich daraus ableitende gefährliche Entwicklung unserer Gesellschaft.
    Wenn weiterhin ob dieser Tatsachen lediglich mit dem Finger auf jeden Versuch gezeigt wird etwas für den Sport zu tun und immer zu unterstellen wie böse sich alle auf die Kosten “des kleinen – in dem Fall – Golfers (klingt zurecht ein wenig lächerlich)” zu profilieren oder direkt pecuniär zu bereichern, wird diese Entwicklung unterstützt.

    Lasst Euch wählen – helft es besser zu machen – setzt Euch durch – engagiert Euch!
    Meckern, nörgeln und mosern ist das armselige Gegenteil davon – und sei es noch so gut formuliert!

    1. Nun ja, ob der Ryder Cup wirklich so einen Boom auslösen würde, ist bisher nur hohle Theorie. Natürlich haben sich in Spanien seit dem Ryder Cup 1997 die Mitgliederzahlen fast verdreifacht – das ist allerdings eine identische Entwicklung zu den Niederlanden und in Deutschland gab es auch eine Steigerung um mehr als das Doppelte im gleichen Zeitraum. Der Litmustest wird sein, ob sich in Frankreich ein Boom entwickelt mit dem Ryder Cup 2018 und da bin ich bisher noch skeptisch. Zumindest die Vergabe hat noch nichts ausgelöst. Laut KPMG-Studie hatte Frankreich 2015 408.388 Golfer, ein fast identischer Wert zu 2011 (407.000). Von Boom keine Spur.
      Wenn man den gleichen Betrag, der vom DGV in eine Ryder-Cup-Bewerbung gesteckt werden würde, auf vernünftige Art in nachhaltige (!) Mitgliedergenerierung einsetzt (und zwar nicht eine auf 55+ gemünzte überteuerte Werbekampagne), hätte das vermutlich einen größeren Effekt als ein Ryder Cup in Deutschland.

  3. Die Diskussion ist ja genau WAS IST VERNÜNFTIG UND NACHHALTIG?
    Wo ist Deine Idee?

    DAS Golfgroßereignis nach Deutschland zu holen war eine Idee – ob sie was auch immer gebracht hätte, werden wir nicht mehr erfahren.

    Das Beispiel Frankreich sehe ich weniger negativ als Du – von den zugesagten 100 neuen Golfplätzen, die staatlich finanziert bis zum Start des RC in FRA zu entstehen haben, sind knapp 60 bereits in Betrieb. Fast alles sehr simple 9-Loch-Plätze ohne Hindernisse und ohne großen Pflegeaufwand. Selbst wider französische Erwartung sind diese Plätze ein toller wirtschaftlicher Erfolg, der sich zwar möglicherweise noch nicht in Mitgliedszahlen in den klassischen Clubs, aber doch in der “Golf-Durchdringung” der Bevölkerung widerspiegelt.

    Alle Golfer sind aufgerufen sich die geforderten nachhaltigen Maßnahmen auszudenken – vor lauter “nein 1 Euro im Jahr möchte ich nicht den Tour-Bonzen nachwerfen auch wenn ich keine bessere Idee habe” und ähnlich destruktiver Denke besteht die Gefahr, dass dem Sport der Boden unter den Füßen weggezogen wird.

    Die für geringe Beiträge 300 Runden pro Jahr nur auf ihrem Heimatplatz spielenden, die Jugend kritisierenden, Turniere ablehnenden, am Leistungssport uninteressierten, neue Mitglieder dissenden, ihr Essen selber mitbringenden und trotzdem an der Gastronomie herumnörgelnden, ihre Ausrüstung wegen eigener Unfähigkeit über einen Freund im Internet bestellenden, Last-Minute-All Inclusive für 200 Euro die Woche in der Türkei buchenden, Gastgruppen verteufelnden, nie grüßenden Etikette einfordernden egomanen Ignoranten leisten jedenfalls nicht nur keinen Beitrag, sondern schaufeln mit ihren Fernost-Klon-Knüppel-Divots langsam das Grab dieses wunderbaren Sportes.

    Bitte nicht noch mehr Besserwissen was alles schlecht ist!

    1. Ideen hat der Kollege Krick schon etliche geliefert.
      http://www.spieltgolf.de/wir-nennen-es-marktwirtschaft-oder-warum-die-abschaffung-der-vcg-nicht-die-probleme-der-golfclubs-loest/
      http://www.spieltgolf.de/familienfreundliche-golfclubs-oder-der-kleine-martin-im-smaland/

      Im Großen und Ganzen geht es darum Barrieren abzubauen, die da u.a. wären Platzreife und DGV-Mitgliedskarte. Aber davon will natürlich niemand etwas hören, weil der DGV, die Clubs und auch die Mitglieder vor so etwas Angst haben. Das Grundproblem in Deutschland ist doch diese bizarre Schizophrenie. Man heult sofort rum, wenn jemand uns als Nischensport bezeichnet aber dabei will sich der Golfsport in Deutschland doch gar nicht öffnen. Das wird erst passieren wenn es um die Existenz von Clubs geht. Alle Kampagne zielen darauf ab, das Image von Golf bei Nichtgolfern zu reparieren. Dabei müsste man erst einmal das Image von Golf bei Golfern reparieren.

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