Konsequenzen aus der gescheiterten Ryder-Cup-Bewerbung

Es ist entschieden: Der Ryder Cup 2018 wird in Frankreich ausgetragen. In den nächsten Tagen wird viel darüber geredet werden, warum Deutschland mit seiner Bewerbung gescheitert ist. Öffentlich wird auf die Politiker geschimpft werden, die mit ihrem Verzicht auf finanzielle Zusagen der Vision von Neuburg an der Donau einen irreparablen Schaden zugefügt haben sollen. Doch die Frage wird sein, ob daneben auch noch Zeit für eine ehrliche Analyse der Schwächen der deutschen Bewerbung bleibt. Schließlich hat Bernhard Langer der dpa gesagt für den Fall eines Scheiterns “sollten wir es nochmals versuchen”. Doch auch im Jahr 2022 wird es nicht leichter werden. Schließlich haben alle Beobachter auch den Spaniern attestiert eine deutlich stärkere Bewerbung als Deutschland zu haben, und wenn es um den Ryder Cup 2022 geht, könnten auch die starken Schweden wieder ihren Hut in den Ring werden. Was also könnte bis zur nächsten Entscheidung in vier Jahren unternommen werden, damit Deutschland besser da steht?

Bessere Einbindung von BMW
Auch wenn immer wieder behauptet wurde, es gäbe kein böses Blut zwischen Audi (Hauptunterstützer der deutschen Bewerbung) und BMW (Hauptsponsor der European Tour): alle neutralen Beobachter sahen diesen Gegensatz als größten Schwachpunkt der deutschen Bewerbung. Wenn sich Deutschland 2022 für die Austragung des Ryder Cups bewirbt, sollte man entweder BMW mit ins Boot holen, einen Hauptsponsor außerhalb der Autoindustrie finden, oder zumindest BMW und Audi an einen Tisch setzen und ein gemeinsames Konzept entwickeln.

Stärkere Unterstützung durch Martin Kaymer
Ein Problem, das durch die anfängliche Konfrontation Audi/BMW entstand, war die Einbindung von Martin Kaymer. Auch wenn dies offiziell nicht bestätigt wurde, es sprich vieles dafür, dass das späte Bekenntnis der deutschen Nr.1 für die Ryder Cup Bewerbung mit seinem Vertragsverhältnis zu BMW zu tun hatte. Dass Kaymer sich in frühen Interviews, die ich leider nicht mehr gefunden habe, sehr positiv zur französischen Bewerbung und vor allem deren Platz (auf dem Kaymer schon siegreich war) geäußert hat, dürfte Erwin Langer und Co. nicht sehr geschmeckt haben. Daher ist es beim nächsten Versuch zwingend notwendig Martin Kaymer besser in die PR für die deutsche Bewerbung einzubinden.

Größere Unterstützung durch die deutsche Wirtschaft
Für 2018 haben sich die deutschen Bewerber komplett auf die Gelder aus der Politik verlassen. Als diese – nicht ganz überraschend – ausblieben, war hektisches Improvisieren angesagt. Am Ende sollten dann die Amateur-Golfer den Ausfall ausgleichen. Eine Maßnahme, die nicht gerade dazu beigetragen hat, die Unterstützung für die Bewerbung bei Deutschlands Golfern zu stärken. Um so ein Szenario zu vermeiden, sollte mehr als nur ein Sponsor aus der Industrie geworben werden um ein sicheres Fundament für die Lizenzgebühr zu haben. Wenn die Politik in den nächsten vier Jahren dann doch noch umgestimmt werden kann, umso besser.

Bessere Lobby-Arbeit
Eine gute Bewerbung kann sich auch ohne Unterstützung durch die Politik durchsetzen, aber es ist natürlich hilfreich wenn sie vorhanden ist. Aus diesem Grund sollte man rechtzeitig dafür sorgen, dass die Politiker verstehen, welche Bedeutung der Ryder Cup hat und welche Stimmung bei ihm herrscht. Was würde sich da besser eignen als 2014 die führenden deutschen Politiker nach Gleneagles einladen um sie hautnah mit dem Faszinosum Ryder Cup bekannt zu machen. Es ist nicht mehr so leicht den Ryder Cup als elitäre Veranstaltung für ein paar Besserverdienende abzustempeln wenn man die Fußball-Atmosphäre einmal selber erlebt hat. Warum erst 2014 und nicht schon 2012? 2013 ist Bundestagswahl, wer weiß wer die Fäden dann in der Hand hat.

Schluss mit den Übertreibungen
Der Ryder Cup ist eine Riesen-Veranstaltung, warum muss man ihn da noch wichtiger machen? Wer mit illusorischen Zahlen arbeitet, macht sich damit leicht angreifbar für Kritik. Beim nächsten Mal sollte sich also bitte nicht mehr Bernhard Langer auf dem DGV-Verbandstag hinstellen und behaupten, dass 600 Millionen Menschen den Ryder Cup am Fernsehen verfolgen. Solche Mythen sind mit simplen Mitteln zu entlarven und führen dazu, dass auch andere Zahlen aus der Bewerbung hinterfragt werden, beispielsweise die wirtschaftlichen Vorteile für das Land und die Region. Und wenn diese angezweifelt werden, wäre dies fatal.

Mehr Golfturniere in Deutschland
Als eine der größten Vorteile für die spanische Bewerbung, vermutlich Hauptkonkurrent beim nächsten Bewerbungsprozess, gilt die Unterstützung des Landes für die European Tour. Gleich sieben Turniere der aktuellen European-Tour-Saison finden in Spanien statt. In Deutschland ist es ein einziges. Das war einmal anders: 1999 gab es noch vier Turniere auf deutschem Boden. Da ein entscheidender Faktor für die Vergabe des Ryder Cups die Unterstützung der European Tour durch das Land ist, muss sich diese Entwicklung ändern. Ein idealer erster Ansatz dafür wäre die German Open. Die Rechte an dem einstigen Traditionsturnier müssten eigentlich noch beim Deutschen Golf Verband liegen und es muss doch irgendwie möglich sein, in einem Land mit einem der besten Golfer der Welt, einen Titelsponsor zu finden.

Ein Ryder-Cup-fähiger Golfplatz
Laut Bernhard Langer gibt es in Deutschland keinen Golfplatz, der für einen Ryder Cup geeignet wäre. Warum wird dann nicht einer (um-)gebaut? Zugegeben: Es gibt durchaus Dinge, die dafür sprechen, einen Platz erst nach der Vergabe zu bauen (vor allem die Tatsache, dass man der European Tour via ihrer European Golf Design noch einmal zusätzlich Geld rüber schieben kann). Aber die Franzosen haben gezeigt, dass es auch anders geht. Ihr Platz hat sich über Jahre hinweg bei den Golfprofis etabliert und gilt aufgrund seiner Schlusslöcher als idealer Matchplay-Austragungsort. Wenn man einen solchen Platz in Deutschland bauen würde und ein eventuelles neues Turnier (siehe oben) darauf spielen lässt, könnte sich dies durchaus positiv auf eine deutsche Bewerbung auswirken. (und wenn man den Platz quasi als Vorleistung von EGD bauen lässt, hätte man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen)

Bessere Förderung des Golfsports
Ein zentraler Punkt der deutschen Bewerbung war der positive Effekte, der durch die Vergabe des Ryder Cups ausgelöst werden würde. Der deutsche Markt besitzt noch großes Wachstumspotential und den könnte man dadurch endlich ausschöpfen. Wäre es nicht sinnvoll, dieses Potential bereits vor der Ryder-Cup-Bewerbung anzuzapfen? Sei es durch bessere Förderung von studentischen Golfvereinigungen, noch stärkere Unterstützung von Golf als Schulsport, Zuschüsse an Vereine für kostenloses Golftraining oder andere Dinge, die mehr Menschen zum Golfsport führen. Ein Blick gen Schweden wäre beispielsweise einmal zur Inspiration angebracht. Und auch das Konzept der Franzosen, die versprachen 100 Golfplätze zu bauen (idealerweise zahlreiche davon öffentlich), ist reizvoll.

  1. Super-Analyse und superschnell. Danke!

    Vielleicht sollte man noch etwas zum Verhältnis der Öffentlich-Rechtlichen und ihre Berichtserstattung zum Golfsport sagen sowie allgemein zum Ansehen des Golfsports in Deutschland. Solange bei uns Golf keine breiten Sympathien für sich beanspruchen kann, werden sich auch keine Politiker für einen internationalen Wettbewerb einsetzen.

  2. Ja, das stimmt. Das wird allerdings sehr stark davon abhängen wie Martin Kaymer in den nächsten vier Jahren spielt. Wenn er weiterhin beständig in der absoluten Weltspitze bleibt, werden sie irgendwann nicht mehr daran vorbeikommen ein wenig mehr über Golf zu berichten.

  3. Wer Golf in Deutschland zum Volksport machen möchte, der hat eine Menge Gegner. Allen voran den Verband und die meisten Clubs.

    Und das Martin Kaymer Werbung für Rolex, Boss und BMW macht, ist in der Zielgruppe auch eher spitz. Die Masse der Deutschen kann sich damit nicht identifizieren.

    Deshalb wird auch kein öffentlich-rechtliches Fernsehen plötzlich mit Live-Übertragungen anfangen, deren Publikum verschwindend gering ist.

    Golf ist in Deutschland elitär. Um schwedische Zustände zu schaffen, bedarf es mehr als Schul- und Unisport.

    Ansonsten: Sehr schöne Analyse. Danke.

  4. Sehr gelungene Analyse, besonders der letzte Absatz zur Förderung des Golfsports gefällt mir. Gerade nach so einer Absage lässt sich vielleicht der ein oder andere davon überzeugen, dass man mit zu vielen Regularien und Bestimmungen kein Golf-Land werden kann! Vielmehr sollte jedem klar werden, dass Golf eine Sportart ist und vor allem eins machen sollte: Spaß!

  5. Vielen Dank für die Analyse mit sicherlich guten Lösungsansätzen. Meiner Meinung nach scheiterte die deutsche Bewerbung vor allem an dem derzeitigen Umstand, dass sich Golf momentan weder als Breitensport schon durchgesetzt hat, jedoch auch nicht mehr die elitäre Sportart der 80er und 90er ist. Zudem sind die Erfolge von Martin Kaymer und dessen Vorstoß in die absolute Weltspitze noch zu frisch für die doch etwas älteren Herren der Europeantour. Ich sehe einer Bewerbung für 2022 mit einem gut ausgearbeiteten Konzept freudig entgegen und bin mir sicher, dass sich bis dahin vielleicht noch der ein oder andere deutsche Spitzengolfer ins Rampenlicht spielt und somit der Druck auf die Verantwortlichen erhöht wird.

  6. 2022 soll die nächste Chance für Deutschland sein??

    Da glaube ich nicht dran, denn zweimal in Folge wird es doch keinen RC in Kontinentaleuropa geben. Dann ist doch (mindestens einmal) wieder ein Platz in UK dran. Oder wurde das schon so bestätigt?

    1. Das damals (letztes Jahr?) bekannt gegebene Vorgehen ist sogar, dass 2022, 2026 und auch 2030 der Ryder Cup in Kontinentaleuropa stattfinden soll. Es kann natürlich immer noch sein, dass es in UK irgendwann große Proteste gibt und man davon abweicht, aber aktuell ist das der Plan.

  7. Ich kann Felix nur beipflichten, das ist in de Tat ein Superansatz ;)
    Die Analyse war ja so schnell hier zu finden, man könnte fast meinen, der Text war schon vor heute 13 Uhr fertig;)

    Auf jeden Fall wunderbar zu lesen und sehr zustimmungsfähig!

  8. Hervorragende Analyse. Aufgrund der dezidierten Darstellungen in den vorangegangenen Blogs, bin ich ebenfalls zu der Überzeugung gekommen, dass die mangelnde politische Unterstützung nicht der Hauptgrund für die Absage waren, wohl eher eine diplomatische Schutzbehauptung.

    Insbesondere der Ansatz über “Mehr Golfturniere in Deutschland” und “Ryder Cup Fähiger Golfplatz” geben zu denken.

    Das Großprojekt in Neuburg einen Golfplatz im Ryder Cup Format aus dem Boden zu stampfen, würde sicherlich auch die Option als Austragungsort für ein Turnier der European Tour beinhalten.

    Damit würden beide deutsche Turniere der European Tour in Bayern veranstatltet werden – gerade einmal 95 Kilometer voneinander entfernt. Das eine von Audi, das andere von BMW. Macht das Sinn ?

    BMW als langjähriger zuverlässiger Sponsor der PGA, der European Tour und Hauptsponsor der BMW Open in Eichenried seit über 20 Jahren wäre zu Recht verärgert, wenn man hier in unmittelbarer Nähe ein “Audi Turnier” in direkter Nachbarschaft installieren wollte.

    Allein deswegen müsste man die Bewerbung mit Neuburg als Austragungsort taktisch unklug bezeichnen. Ob und inwiefern BMW nun in Politik und Funktionärskreisen seinen Einfluss geltend gemacht hat, bleibt dahingestellt … Verstehen könnte ich es.

  9. So dämlich dard man im Golfbusiness nicht sein, direkt vor der Nase des etablierten Sponsors BMW es mit AUDI zu versuchen, wenn schon die Politik die kalte Schulter zeigt. Ich kann die Veranwortlichen verstehen, dass es besser ist, einem Land -zumal mit großer Golf und Sporttradition- dieses Event zu geben als einem das sich mühsam die
    Beigeisterung zusammklauben muss.Wer die Wahl zwischen einem überzeugenden Partner für dieses Superevent und einem der sich quasi
    zur Überzeugung quälen muss- dann ist doch klar, wer gewinnt.
    Außerdem wird von den Spielern der Platz(besonders die Schlusslöcher)
    sehr gelobt und wie bereits schon geschrieben Paris ist natürlich allemal reizvoller als die bayrische Einöde.
    Ein Aspekt wurde bisher nicht erwähnt: wenn die 600 Millionen Fernseh-
    zuschauer annähernd stimmen und dagegen etwa 80-100.000 Besucher den
    Platz betreten-ist es doch klar-dies ist ein MEGAEVENT fürs Fernsehen!
    Die Begeisterung der Zuschauer auf der Insel ist eh nicht zu toppen,
    dennoch wird auch Frankreich mit internationaler Unterstützung top sein.Und der Golfboom bleibt sowieso aus, dafür fehlen die Plätze.

  10. Danke für die sehr sehr gute Einschätzung und Zusammenfassung.

    Aber ob das alles geschaft werden kann in den nächsten Jahren…

    Es wäre aber mehr als Wünschenswert, wenn nur ein paar Dinge ins Laufen kommen würde.

  11. @ Linksgolfer: Wolf-Dieter Poschmann hielt vor zwei Jahren in Nürnberg einen Vortrag über “Sport – Medien – Wirtschaft”. Ich sprach ihn darauf an, warum nicht mehr über Golf im ZDF und allgemein im Fernsehen berichtet wird.
    Als ausgewiesener Fachmann zu diesem Thema und Leiter der Sportredaktion im ZDF bis 2005 antwortete er, dass letztendlich alle Sportarten außer Fußball in Deutschland medial als Randsportarten eingestuft werden müssen. Leichtathletik, Tischtennis, Skifahren, Biathlon, etc. lassen sich z.B. im aktuellen Sportstudio nur über die Fußballberichterstattung verkaufen. Golf im Speziellen sei darüber hinaus in der Berichterstattung viel zu teuer, weil für 18 Löcher mindestens 18 Kameras + Kameramann benötigt werden. Zudem sei Golf im Fernsehen für Nichtgolfer zu langweilig !! Tat mir zwar als passionierten Golfer weh, aber objektiv betrachtet, hat er wahrscheinlich Recht. Von daher könnte es sein, dass sich da in nächster Zeit wenig tut, wenn schon die öffentlich-rechtlichen Anstalten kaum Interesse zeigen. Das mangelnde mediale Interesse rührt natürlich aus einer reinen Kosten-Nutzen Rechnung. Der Informationsauftrag wird so gerade erfüllt und das wars. Für die Privaten gibt es so einen Auftrag nicht. Premiere ist ja auch pleite gegangen und was aus Sky wird – man weiß es nicht – aber wie man hört sind die auch nicht auf Rosen gebettet. Und wenn man genau hinsieht, wird auch hier Golf über Fußball finanziert. Will man die Champions League sehen, muss man das Sportpaket mit Golf abonnieren.

  12. Dieser Artikel wird deutlich: http://www.sueddeutsche.de/sport/golf-ryder-cup-unter-der-kaeseglocke-1.1098653

    Solange bornierte Arroganz den Ton angibt, Monopolist Sky den Golfsport gebunkert hält und das golferische Fußvolk gerade mal zahlen und peinliche “Bekenner”-Dienste ableisten darf, wird es hierzulande keinen RyderCup geben.
    Hier noch eine Glosse zur “Randsportart Golf”:
    http://www.cybergolf.de/blog/1340-randsportart-golf

  13. Alle politsch Verantwortlichen aus dem Landkreises Neuburg-Schrobenhausen und der großen Kreisstadt Neuburg an der Donau, haben mit Herzblut und Leidenschaft für die Ausrichtung des Ryder Cup 2018 auf dem Wittelsbacher Golfgelände in Rohrenfeld gekämpft, leider aber mit Pauken und Trompeten verloren. Die fairste Konsequenz aus diesem sportpolitischen Golf-Dilemma wäre nun, alle Kräfte zu bündeln, damit dieses Großereignis 2022 nicht wieder an Deutschland vorüberzieht.

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