Martin Kaymer, Marcel Siem und die European Open

Was war die Freude groß, als im Oktober 2014 bekannt gegeben wurde, dass die European Open auf den Turnierkalender der European Tour zurückkehrt. Vor allen Dingen zwei Spieler konnten ihre Freude kaum verbergen, dass mit dem Event in Bad Griesbach ein zweites Turnier der höchsten europäischen Spielklasse in Deutschland stattfindet:

Ich begrüße es sehr, dass es ab dem kommenden Jahr ein zweites European Tour Event auf deutschem Boden geben wird. Ich denke, dieser Schritt war überfällig und wird dem Golfsport in Deutschland sehr gut tun.

So ließ sich Deutschlands Vorzeige-Golfer Martin Kaymer in der Pressemeldung zitieren. Und auch sein Erster Offizier Marcel Siem konnte seine Euphorie kaum zügeln.

„Ich freue mich sehr, dass mit den European Open ein Spitzenturnier der European Tour in Deutschland ausgetragen wird. Natürlich wäre ich selbst gerne dabei und hoffe, dass es der Saisonverlauf zulässt.“

Natürlich war die Aussage von Martin Kaymer mit Vorsicht zu genießen. Die Kollision der European Open mit dem Finale der FedEx-Playoffs machte die Teilnahme des ehemaligen Weltranglistenersten so gut wie unmöglich. Dennoch verkündete Turnierdirektor Dominik Senn gegenüber dem SID (hier von Die Zeit zitiert) noch im Juli “Wir haben lange mit ihm gesprochen. Er würde sehr gerne kommen”. Die Freude in Bad Griesbach war also groß, als Martin Kaymer nach der ersten Runde der Playoffs die Segel streichen musste und auf einmal einen ganz freien September im Turnierkalender hatte. Doch Pustekuchen: Trotz aller in der Hoffnung sie nicht einlösen zu müssen gesprochenen Lippenbekenntnisse gab Kaymer den Veranstaltern einen Korb. Stattdessen spielt er in dieser Woche in den Niederlanden die KLM Open, die Woche darauf die Italian Open, pausiert beim deutschen Stop um danach dann die Dunhill Links Championship zu bestreiten.

Der letzte Stop ist dabei ein No-Brainer. Kaymer mag Linksgolf und ganz besonders den Old Course von St. Andrews und hat als ehemaliger Sieger des Turniers Hoffnungen dieses Jahr doch noch versöhnlich zu beenden. Ähnliches könnte man über die KLM Open denken, die Kaymer ebenfalls 2010 gewann. Doch diese Argumentation hat einen Haken: Damals fand das Turnier im Hilversumsche GC statt. In diesem Jahr ist Kennemer Austragungsort, den Kaymer bisher nur 2008 gespielt hat, wo er das Turnier auf dem 55.Platz beendete. Und der Golf Club Milano, der dieses Jahr die Open d’Italia austrägt, ist für Kaymer sogar ein gänzlich unbeschriebenes Blatt. Aus sportlicher Sicht macht der Verzicht auf Bad Griesbach also keinen Sinn – insbesondere, da die European Open mit 2 Millionen Euro Preisgeld auch noch das höchstdotierte des Trios ist.

Liegt es vielleicht an den Wünschen Außenstehender? Man könnte vielleicht davon ausgehen, dass Kaymer die European Open meidet, weil Porsche der Titelsponsor ist und Kaymer bekanntermaßen mit Mercedes Benz verbandelt ist. Nun, wer Kaymer damit verteidigen will, muss dann aber auch erklären, warum er die KLM Open spielt, wenn er eine Partnerschaft mit einer anderen Fluggesellschaft, Etihad, hat. Und warum er die von einem Uhrenhersteller gesponserte Italian Open spielt, wenn er doch für einen anderen Edelchronographen wirbt. Nein, die Sponsorenausrede zieht nicht. Zumal Kaymer 2008-2013 von BMW gesponsert wurde – und in den vier Jahren, in denen BMW die Italian Open sponserte, genau einmal dort angetreten ist.

Bliebe theoretisch eine dritte Erklärung – und die wäre ein Schlag ins Gesicht für alle deutschen Golf-Fans: Martin Kaymer hat einfach keinen Nerv darauf in Deutschland zu spielen und die so schön propagierte Hoffnung auf einen Boom des deutschen Golfsports ist ihm in Wirklichkeit ganz egal. Belegbar ist dies natürlich nicht, aber man könnte es keinem Fan verübeln, wenn er Kaymer dies unterstellt. Fakt ist, dass er in den letzten Jahren während seiner Auftritte bei der BMW Open keinen Hehl daraus gemacht hat, wie sehr ihn der ganze Trubel drumherum nervt. Davon zeugen auch drei verpasste Cuts in den letzten vier Jahren. Wenn er könnte, würde er vermutlich auch die terminlich ohnehin ungünstig liegende BMW Open gerne aus seinem Turnierkalender streichen. Aber laut Richtlinien der European Tour ist er verpflichtet, ein Turnier in seinem Heimatland zu spielen. Die Schuldigkeit hat er 2015 bereits getan, alles andere scheint zweitrangig zu sein.

Natürlich ist der Auftritt als Lokalmatador kein Vergnügen. Die Medien reißen sich verstärkt um Interviews, hier muss man einen Sponsoren beglücken, dort wollen die Fans Autogramme und Fotos. Dies konnte man zuletzt auch bei Rory McIlroy beobachten, der bei der Irish Open ebenfalls den Cut verpasste, weil der Blick aufs Sportliche ins Hintertreffen gerät. Dennoch weiß McIlroy um seine Verantwortung, genau wie Paul Lawrie und Ian Poulter, die in diesem Jahr sogar als Veranstalter eigener Turniere auftreten. Weil sie genau wissen, dass sie damit dem Golfsport in ihrem Land einen kleinen Schub verschaffen können. Kaymer sagt zwar auch, dies sei im wichtig. Sein Handeln spricht aber eine andere Sprache. Nicht nur, weil er bei der BMW Open mittlerweile die meisten Termine abblockt. Auch als es um die Ryder-Cup-Bewerbung 2018 ging, brauchte es einige Monate, bis er sich dann doch noch mal zu einem Bekenntnis für die deutsche Bewerbung hinreißen ließ. Sich dann aber gleichzeitig hinzustellen, wie wichtig es ihm sei, sein Land bei den Olympischen Spielen zu repräsentieren, ist ein wenig scheinheilig.

Nun ist Martin Kaymer allerdings nicht der einzige Deutsche, der die European Open auslässt. Auch Marcel Siems Namen sucht man vergeblich in den Startlisten. Der in der Weltrangliste von 61 auf 102 abgestürzte Siem jagt lieber einem Fiebertraum nach, in dem er über die web.com-Tour-Finals sich die Karte für die PGA Tour erspielt. Bereits 2013 wollte er den Weg über diese zweite Liga gehen, verpasste aber bei drei von vier Turnieren den Cut und scheiterte kläglich. Nun ist Siem in der halbwegs komfortablen Situation durch seinen Sieg beim BMW Masters die Karte für die European Tour bis 2016 sicher zu haben. Dennoch muss man einmal die Karriereplanung des Deutschen hinterfragen.

Siem steht im Race to Dubai aktuell auf Platz 46, sein Vorsprung auf Platz 61 beträgt rund 120.000 Euro. Durch den Versuch bei den web.com-Finals lässt er seinen Konkurrenten im Rennen um einen Platz im Race to Dubai vier Wochen Zeit, ihn zu überholen – darunter bei so lukrativen Turnieren wie der Alfed Dunhill Links Championship. Sollte er seinen Platz nicht halten, ist er gezwungen nahezu zwei bis drei Monate am Stück zu spielen, um sich doch noch für Dubai zu qualifizieren.

Machten Siems viel belächelte Versuche, sich über das Monday Qualifying auf PGA-Tour-Events zu spielen, noch Sinn, da a) auf der European Tour nur zweitrangige Turniere stattfanden und b) Monday Qualifying nicht als Start für die Weltrangliste gezählt wird, kann die Teilnahme an den web.com Finals richtigen Schaden anrichten. Es hat seinen Grund, dass die meisten European-Tour-Mitglieder den Weg auf die PGA Tour durch ihre Weltranglistenposition bzw. durch gute Resultate bei WGCs oder den Majors nehmen. Abgesehen von Gonzalo Fernandez-Castano ist bei flüchtigem Überfliegen des Feldes kein anderes European-Tour-Mitglied beim ersten Turnier der web.com Tour Finals am Start. Und selbst Castano hat einen guten Grund dafür: er muss kämpfen, um überhaupt nächstes Jahr irgendwo spielen zu können. Wenn nun kein anderer diesen Weg geht, sollte das ein Zeichen sein, dass man auf dem falschen Weg ist. Aber wo Außenstehende einen Geisterfahrer sehen, sieht Siem Tausende.

Nun ist bekannt, dass Siem den Traum hat, in den USA zu spielen (wobei er dann nicht die Konsequenz besitzt, sich regulär über die web.com zu qualifizieren). Angesichts seiner verkorksten Saison ist es vermutlich für lange Zeit seine letzte Chance darauf, denn mit dem Absturz in der Weltrangliste ist er im nächsten Jahr weit von einem Start bei den Majors oder World Golf Championships entfernt. Insofern kann man ein gewisses Verständnis für seine Entscheidung aufbringen – auch wenn er mit dieser Aktion aufgrund der möglichen Auswirkungen auf die Weltrangliste auf langfristige Sicht sowohl seinen Start bei den Olympischen Spielen als auch die nächsten Karrierejahre ein wenig gefährdet.

Nur – und das ist der Punkt – dann soll man bitte seine öffentichen Lippenbekenntnisse für Turniere in Deutschland unterlassen. Wenn Marcel Siem nur antreten wollte, wenn er zuvor eine Special Temporary Membership für die PGA Tour erspielt hat – ein sehr unwahrscheinliches Szenario – dann soll man nicht vorher davon schwafeln, dass man selber gerne dabei wäre. Ja, Martin Kaymer und Marcel Siem wollen, dass Golf in Deutschland populärer wird. Nur selber etwas dafür tun wollen sie dann doch nicht. In einem Jahr, in dem sich Deutschland erneut für die Austragung des Ryder Cups bewirbt, eine sehr werbewirksame Botschaft.

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