Schleichender Verdacht

Beim Golf gibt es jede Menge Regeln, die es einzuhalten gilt. Und die meisten Golfer sind sehr darauf bedacht, diese auch zu befolgen. Wehe demjenigen, der sie bricht. Der Journalismus hat auch einige Regeln. Eine besagt, dass man redaktionelle Inhalte und Werbung strikt trennen muss. Komischerweise halten sich aber gerade die deutschen Golfzeitschriften nicht unbedingt an diesen Grundsatz.

Jüngstes Beispiel ist die aktuelle April-Ausgabe des “Golf Journal” aus dem Atlas Verlag. Gleich an mehreren Stellen kommt der Verdacht auf, dass hier nicht wirklich zwischen Anzeige und redaktionellem Text ein sauberer Strich gezogen wurde.

Werbung oder Artikel? Ausriss aus "Golf Journal" 4/11. Zum Vergrößern anklicken!
Werbung oder Artikel? Ausriss aus "Golf Journal" 4/11. Zum Vergrößern anklicken!

So findet sich in der Rubrik “Szene” auf Seite 105 ein Artikel über das Hartl Resort Bad Griesbach mit der Überschrift “Saisonstart im bayrischen Golfdorado”. Dieser trägt alle typischen Merkmale eines Advertorials, also eines gekauften Textes im redaktionellen Gewand. Das Logo des Resorts ist gut sichtbar platziert, die Hotelnamen werden völlig unüblich mit der Anzahl ihrer Sterne ausgeschrieben, der Sprachstil des Artikels ähnelt einer Werbebroschüre. Dazu finden sich detaillierte Informationen zu Preisen und Aktionen. Normalerweise müsste diese Seite mit dem gut sichtbaren Zusatz “Anzeige” versehen werden, doch diesen Hinweis sucht der Leser vergebens.

Noch merkwürdiger verhält es sich mit einem vierseitigen Artikel über den Laureus World Sports Award 2011. Einer der Hauptsponsoren dieser Veranstaltung ist der Autohersteller Mercedes-Benz, der auch in dem Text von Philipp von Schönborn noch einmal in einem Infokasten eine besondere Behandlung erfährt. Dort wird in allerfeinster Marketingsprache (die Hälfte des Ergusses stammt schließlich aus der offiziellen Pressemitteilung des Automobilherstellers) das Engagement des Unternehmens im Golfsport erklärt. Der Verdacht liegt sehr nahe, dass diese Hofberichterstattung mit einer doppelseitigen Anzeige von Mercedes-Benz auf den Seiten 86/87 zusammenhängt.

Mercedes-Benz ist toll. Ausriss aus "Golf Journal" 4/11. Zum Vergrößern anklicken!
Mercedes-Benz ist toll. Ausriss aus "Golf Journal" 4/11. Zum Vergrößern anklicken!

Die Firma Titleist schaltete ebenfalls für den Monat April eine doppelseitige Anzeige im “Golf Journal” und bewirbt dort ihre neuen Bälle Pro V1 und Pro V1x. Ausgerechnet diese werden dann in einem einseitigen Testbericht euphorisch abgefeiert. Es bedarf keines Schelmes, dabei etwas Böses zu denken.

Das “Golfmagazin” aus dem Jahr Top Special Verlag macht es auf dem ersten Blick besser als die Konkurrenz. Advertorials wie der “Golf Fee Card Newsletter” (S. 115 – 120) oder über das “Drei Thermen Golfresort Bad Bellingen” (S.110 – 111) sind als Anzeige gekennzeichnet. Doch auf dem zweiten Blick sieht auch bei dem Hamburger Magazin nicht alles ganz sauber aus.

So wird in einem langen Artikel über die Preisverleihung des “Golfmagazin Award 2011” berichtet (wer einen Eindruck von dieser grandiosen Feier erhaschen möchte, dem sei dieses Video empfohlen). Angeblich haben 2000 Leser und User darüber abgestimmt, wer in den jeweiligen Kategorien gewinnt. Da ist es schon ein irrer Zufall, dass die Auszeichnungen relativ gerecht auf die unterschiedlichen Sportartikler beziehungsweise Anzeigenkunden verteilt werden. Es entsteht ein Geschmäckle. Auch weil sich der Preisträger Golfregion Algarve (zum vierten Mal in Folge Award-Gewinner) mit einer doppelseitigen Anzeige im Heft für die Auszeichnung bedankt.

Lustigerweise ist eine längere Reisegeschichte des “Golfmagazins” dann auch dem Thema Portugal gewidmet. Gleich daneben findet sich unter “Reise News” ein kleiner Ausflugstipp fürs Wochenende in das A-Rosa-Hotel Travemünde. A-Rosa gewann übrigens in diesem Jahr den Award für das beste Sporthotel – und bedankte sich ebenfalls mit einer schicken Anzeige.

Kritisch zu betrachten sind auch “Die PGA-Seiten”. Hier präsentiert sich regelmäßig auf zwei Seiten der Dachverband der deutschen Golfprofessionals – und darf seine Nachrichten verbreiten. Diese klingen allerdings stellenweise wie reine Werbung für den eingetragenen Verein. In wie weit das “Golfmagazin” von der PGA of Germany dafür Geld erhält ist nicht klar. Unbestritten ist jedoch, dass Mitglieder des Verbandes automatisch ein Abo des Heftes beziehen.

Vor mehreren Jahren veröffentlichte die PGA of Germany übrigens in “Golf spielen”, einer Beilage der “Süddeutschen Zeitung”, ebenfalls regelmäßig ihre Verbandsnachrichten. Unter anderem wurde eine Pressemitteilung der PGA von der Redaktion unbearbeitet abgedruckt. Zeitgleich schrieb die Journalistenikone Hans Leyendecker auf der Medienseite der “Süddeutschen” über die Verquickung von Werbung und redaktionellen Texten. Als man ihn darauf aufmerksam machte, dass er vielleicht mal im eigenen Verlagshaus nachschauen sollte, versprach er dieses zu tun. In der darauffolgenden Ausgabe von “golf spielen” prangte über den Seiten der PGA ein kleiner Hinweis: “Anzeige”.

  1. Ja, wenn die Werbe-Begleitmusik in Form bezahlter Anzeigen stimmt, dann wird auch schon mal in einem Jubelbericht die Proberunde auf einem nagelneuen Platz beschrieben. Der zu diesem Zeitpunkt gerade mal eingesät war, also weit weg davon, spielbar zu sein.

    Und dabei handelt es sich nicht um ein akutes Problem – das war Anfang der 90er Jahren im Umland von Berlin. Special-Interest-Blätter für relativ kleine Zielgruppen darben halt an ihrem Vertriebserlös (sprich: fehlender Auflage) und dem engen Anzeigenmarkt.

    Das alles ist durch Internet und die dort vorhandenen Angebote für Golfer sicherlich nicht besser geworden.

    1. Nun ja … fehlende Vertriebserlöse sind bei unseren üblichen Verdächtigen meiner Meinung nicht der Grund. Der Copypreis ist schließlich recht hoch und “Golf Journal” und “Golfmagazin” verkaufen geschätzte 30.000 bis 45.000 Heft pro Monat.
      Der Anzeigenmarkt ist durchaus überschaubar. Da hast du Recht.
      Inwieweit das Internet allerdings Schuld am Gebahren mancher Printredaktionen sein soll, ist mir nicht ganz klar. Mir fällt keine professionelle deutsche Golfwebsite ein (Nein, auch nicht Golf.de), die irgendwie den Magazinen gefährlich werden könnte. Insbesondere auch deshalb, weil die Print-Jungs den Online-Zug verpasst haben und selbst nichts vernünftiges (Kostet schließlich Geld) auf die Beine stellen.

  2. “Komischerweise halten sich aber gerade die deutschen Golfzeitschriften nicht unbedingt an diesen Grundsatz.”

    Als dem Golf sowas von fernstehend, und noch nie eins der Blätter je in der Hand gehabt habend, hätte ich Ihnen das vorab auch sagen können: Die existieren doch nur durch Reklame, Reklame, Reklame, ob versteckt oder offen ist denen doch egal. Jeder weiß das. Oder? Es interessierte aber keinen. Und das ist nicht “komischerweise” so, sondern bei ähnlichen Projekten wohl genau so: Segeln, teurer-Wein, Gourmets, Immobilien, Fernreisen…
    Golf ist doch nur ein Sport für ein paar reiche alte Knacker. Und wenn die beschissen werden (werden sie aber nicht, denn auch sie wissen…), ist’s nur Recht so; es ist ja eigentlich nicht ihr schwerverdientes Geld.

  3. Mein Lieblingsbeispiel ist immer noch die prominent platzierte Lobhudelei auf einen deutschen Flughafen als perfekte Abflugmöglichkeit für Golfer – natürlich warb dieser dann auch im gleichen Heft ganzseitig.

  4. So lange die Anzeigen im wesentlichen die Magazine finanzieren wird auch in Zukunft gelten: Wer die Musik bezahlt bestimmt was sie spielt.

    Da hilft nur: Wenig Zeit mit solchen Heften verschwenden (Wirklich objekteive Testberichte gibt es dort ja meist auch nicht) und lieber einige Blogs lesen ;)

  5. Irgendwo muss das Geld für Magazine/Zeitschriften schließlich kommen…

    In den USA werden inzwischen bekannte Bloggerinnen inzwischen dafür bezahlt, dass sie, besonders im Bereich Kosmetik, Produkte testen und darüber bloggen.
    Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit im Internet größer, dass man Blogs mit dem Senf des eigenes Betreibers lesen kann.

    1. Natürlich muss das Geld von irgendwo her kommen. Anzeigen sind was Feines. Nur der Ausverkauf der redaktionellen Inhalte, um an diese Anzeigen zu gelangen, ist nicht in Ordnung.

      1. Ich weiß, was du meinst. Das untergräbt die Glaubwürdigkeit eines Blattes, aber das ist die Zukunft. Mann kann nur darauf setzen, dass nicht alle käuflich sind und ihre Prinzipien haben.

  6. Das mit der Verzahnung zwischen Redaktion- und Anzeigen in Golfmagazinen ist im Prinzip ein “offenes Geheimnis”.
    Öffentlich zugegeben hat es sogar der Herausgeber der “Golf TIME”, Oskar Brunnthaler im Rahmen einer Podiumdiskussion auf der CMT Golf- und Reisemesse 2011 in Stuttgart.
    Hr. Brunnthaler sagte klipp- und klar, dass er (und viele andere Golfmagazine ebenfalls) nicht überleben könnten, wenn man diese Deals nicht eingehen würde, um Anzeigenkunden zu halten.

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