TV-Kritik aus Golfersicht: Die Snobs

Ein Wunder ist geschehen: Golf hat es ins Free-TV geschafft. Bevor die Freude zu groß wird: Nein, es wird keine Übertragungen von Golf-Turnieren in ARD, ZDF und Co. geben. Vielmehrspielt eine neue Comedy-Serie vor dem Hintergrund einer Golfrunde. Finanziert wurde der Spaß von der Deutschen Telekom für ihr Webportal 3min.de auf der derzeit 3 Mal die Woche eine der ca. 7 Minuten langen Folgen veröffentlicht wird. Wer das Ganze lieber auf großem Bildschirm sehen möchte: Ab dem 11.11. zeigt ZDFneo donnerstags um 22.30 Uhr immer drei Folgen zusammengeschnitten. Und ja, ZDFneo ist tatsächlich Free-TV – auch wenn der Digitalableger des ZDF noch immer nicht in allen deutschen Kabelnetzen vertreten ist.

Die Serie ist im Grunde genommen ein Dreipersonenstück mit Wilfried Hochholdinger, Frederick Lau (“Die Welle”) und Christian Ulmen (“Mein neuer Freund”), der auch als Produzent fungiert. Protagonisten sind zwei Männer aus der besseren Gesellschaft bzw. was sie für die bessere Gesellschaft halten, die sich am Wochenende zu einer gemeinsamen Runde Golf treffen. Warum Golf? Natürlich weil sich die Macher gedacht haben, dass nichts anderes die Abgehobenheit von Yuppie Astor (Ulmen) und dem koksenden Adligen von Zesen (Hochholdinger) besser illustriert. Soviel dazu, dass sich das Bild vom Golfsport in der öffentlichen Wahrnehmung geändert hat.

Ein zweiter Grund ist, dass das Format einer Golfrunde den Autoren eine gute Struktur bietet. 18 Folgen wird es geben – für jedes Golfloch eine. Die Geschichte ist leicht erzählt: Von Zesen gabelt nach durchkokster Nacht einen Bratwurst-Verkäufer auf, den er als Caddie für seine Sonntagsrunde rekrutiert – sehr zum Unwillen seines Spielpartners Astor, der nicht will, dass solch gewöhnliches Volk seinen Sonntag ruiniert. Doch dann setzen sich die beiden Männer es sich zum Ziel, den jungen Mann eines Golfplatzes würdig zu machen. Wobei sich die Frage stellt, ob das Duo es selber ist. Im Verlauf der ersten drei Folgen, die bisher zur Verfügung gestellt wurden, schreien sie quer über den Platz, pinkeln in den Teich, überfallen einen Nachwuchsgolfer und schlagen dessen Vater mit einem Eisen blutig zusammen.

Gedreht wurde das Ganze im Brandenburger GolfResort Semlin. Allerdings kann man die Löcher im wahren Leben kaum so spielen wie die Snobs es tun. Ausgehend von den Längenangaben, die zu Beginn jeder Folge (und jedes Golflochs) gegeben werden, beginnen sie an Loch 8, gehen dann auf Bahn 2 und anschließend zur 9. Nicht der einzige Fauxpas aus Golfer-Sicht. Vielleicht hätten die Semliner den Verantwortlichen einen Berater zur Seite stellen sollen so wie es für US-Serien mit komplizierten Themenfeldern üblich ist. Zwar ist es natürlich das Ziel der Serie, den Zuschauer zum Lachen zu bringen. Jemand der aktiv Golf spielt wird dies allerdings vorwiegend aus den falschen Gründen tun. Nicht weil die Schwünge der Protagonisten so schlecht sind (Ulmen hat beispielsweise vorher nie Golf gespielt) – diesem geht man aus dem Weg, indem man zumindest in den ersten Folgen keine kompletten Schläge zeigt. Vielmehr nimmt man es mit den Regeln nicht besonders ernst. Dass das Handy auf dem Platz klingelt ist ja noch zu verzeihen, aber folgende Dinge geschehen alleine in den ersten 25 Minuten:

  • Beim Abschlag wird knapp vor den gelben Markierungen aufgeteet
  • Der Abschlag von von Zesen landet im Fairway. Beide streiten sich abseits des Fairways, wo von Zesen dann einen Ball droppt und weiterspielt
  • Der Caddie stellt das Bag auf dem Grün ab
  • Dem Caddie wird erklärt was ein Divot ist und dass er diese immer auszubessern hat – auf dem Abschlag
  • Ein Ball fällt in besagtes Divot. In der nächsten Einstellung liegt er daneben

Dass von Zesen Blades mit Stahlschaft spielt, passt natürlich perfekt zur hochnäsigen Selbstüberschätzung der Figur – man kann sich jedoch des Eindrucks nicht erwehren, dass dies eher Zufall ist. Schließlich droht Ulmen in Folge drei, dass besser kein Kratzer in seine Blades gekommen ist – dabei scheint ER nach allem was man sehen kann ausgerechnet keine Blades zu spielen. Unfreiwillig realsatirisch ist die Spielzeit des Zweier-Flights. Um 11.12 Uhr teen sie auf dem ersten Abschlag auf, um 12.02 Uhr beginnen sie ihr dritten Loch. Hochgerechnet also 6 1/2 Stunden für eine Golfrunde – dagegen wirkt selbst Ben Crane wie Usain Bolt.

Natürlich werden diese Dinge nur den Wenigsten auffallen und sie sind sicherlich auch kein Maßstab um die Qualität der Serie zu messen. Allerdings darf man bezweifeln ob die Macher ebenso schlampig vorgehen würden, wenn die Protagonisten Fußball oder einen anderen Breitensport betreiben würden. Fans von Christian Ulmen, der in der Serie übrigens eine verblüffende Ähnlichkeit mit Sergio Garcia aufweist (und passenderweise ebenfalls TaylorMade trägt), werden bei der Serie sicherlich ihren Spaß haben. Und über zahlreiche Dialoge werden Golfer und Nichtgolfer gleichermaßen schmunzeln. Allerdings dürfte die Serie, nicht nur aufgrund des Sendeplatzes, eher ein Nischenpublikum ansprechen – und trotz Free-TV garantiert nicht dafür sorgen, dass Zuschauer massenweise die Golf-Anfängerkurse stürmen.

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