Tom Doak und der Grand Saint Emilionnais Golf Club

Selbst ein durchschnittlicher Doak ist besser als 90% der Golfplätze
Linksgolfer
6.5
Reisegolfer
7
Pluspunkte
Schön natürlich gelegte Fairways
Ein Platz zum Nachdenken
Gutes, flüssiges Routing
Tolle Grünkomplexe
Schöner Blick auf die Weinberge
Negativpunkte
Es könnten gerne ein paar Bunker mehr sein
Loch 9 über den Bewässerungsteich
6.8

Tom Doak hat mir die Augen geöffnet. Wie jeder andere Golfer habe auch ich jahrelang Golf gespielt, fand manche Plätze gut, andere weniger. Doch was Golfarchitektur kann, habe ich erst während eines Australienurlaubs gemerkt. Schon die Runde in New South Wales war eine Erweckung, aber das, was dann in Tasmanien kam, war noch einmal eine Steigerung.

Jedes einzelne Loch von Tom Doaks Barnbougle Dunes hat nicht nur die Anmutung eines wunderschönen Gemäldes, sie haben allesamt auch noch den Anspruch einer Kopfrechenaufgabe. Immer wieder muss man überlegen, ob man defensiv oder aggressiv spielt, auf welche Seite des Fairways man den Drive platziert, und wo man am Besten das Grün verfehlt. Selten zuvor hat eine Golfrunde mehr herausgefordert und mehr Spaß gemacht. Als nun bekannt wurde, dass eben dieser Tom Doak mit seiner Firma Renaissance Golf Design in der Nähe von Bordeaux einen Platz baut, war klar, dass ein Trip dorthin Pflicht ist. Und so stand ich einen Monat nachdem die 18 Löcher eröffnet wurden nicht nur am ersten Tee des Grand Saint Emilionnais Golf Club. Ich habe anschließend auch den Architekten Tom Doak höchstselbst per e-mail über seine Arbeit und seine neueste Kreation befragt.

Haben Sie eine spezielle Herangehensweise für ihre Designs? Schauen Sie beispielsweise erst, wo sich ein Par 3 gut machen würde?
TOM DOAK: Es unterscheidet sich von einem Projekt zum nächsten. Auf ebenem Gelände sucht man nach interessanten Elementen, die einen guten Standort für ein Grün ergeben. Auf welligeren Untergründen schaut man als Erstes nach Abschnitten, die eben genug sind, um darauf das Fairway zu legen, weil das Bauen einer Landezone wesentlich teurer ist, als das Bauen von Grüns. Es ist im Grunde ein großes Puzzle dessen Lösung jedes Mal anders ist.

Wie flexibel sind Sie mit ihren Designs? Können Sie das Routing oder Elemente noch Monate später ändern? Und ab wann gibt es keine Zurück mehr?

TOM DOAK: Ich beschäftige mich nicht lange mit verschiedenen Routings und vergleiche sie. Ich schnitze einfach drauf los und ändere vielleicht 2-3 Löcher gleichzeitig, um sie zu verbessern oder flüssiger zu gestalten. Ein, zwei Mal habe ich neun Löcher im Vergleich zu meiner ersten Version umgedreht, aber normalerweise sind die Veränderungen schrittweise.
Das Beste an unserer Art zu arbeiten ist, dass wir so eng in den Bau involviert sind, dass wir bis der Platz fertig ist, noch kleine Veränderungen am Design vornehmen können. Wir können ein Grün oder einen Abschlag verlegen, um einen Baum zu behalten oder einen schönen Blick zu generieren. Ein Loch ist erst fertig, wenn wir die Bewässerungsleitungen verlegen. Denn diese wieder auszugraben ist richtig teuer. Ein Grün umzuformen kostet nicht sonderlich viel.

Jeder Platz hat seine eigenen Herausforderungen. Was war die besondere Schwierigkeit von St. Emilionnais?

TOM DOAK: Die zwei größten Herausforderungen waren die Entwässerung aufgrund des schweren Untergrunds und die Bewässerung aufgrund von Wasserrestriktionen. Für die Entwässerung haben wir zahlreiche kleine Gräben eingebaut, die das Wasser in ein zentral gelegenes Tal leiten. Genau dort haben wir einen Bewässerungsteich errichtet, in dem wir jeden Tropfen Regenwasser auffangen. Es ist gut ein Projekt zu haben, bei dem man so verantwortungsvoll mit dem natürlichen Wasser umgeht.

Sie sind ein Verfechter von harten, schnellen Fairways und Grüns. Das ist aufgrund des Bodens in St. Emillionais vermutlich nicht möglich, oder?

TOM DOAK: Der Platz wird zweifellos nach starken Regenfällen nass sein, aber ich glaube im Summer wird er sich sehr schnell spielen. Deshalb haben wir bei unseren Grüns auch immer eine Öffnung gelassen, damit Durchschnittsgolfer unter diesen Bedingungen den Ball rauflaufen lassen können. Meine Designphilosophie ist es, Spielern die Option für verschiedene Annäherungsschläge zu geben, statt ihnen zu diktieren, welche Löcher sie hoch und welche sie flach anspielen sollen.

Tatsächlich war der Platzzustand im November alles andere als optimal. Aber das ist unmittelbar nach einer Neueröffnung zu erwarten. Um gute Voraussetzungen für die erste volle Saison zu bieten, hatten die Greenkeeper die Fairways und Grüns stark gesandet. Erstaunlicherweise war der Spielspaß davon aber kaum betroffen. Denn auf der anderen Seite hat es auch Vorteile auf einem nagelneuen Platz zu spielen, der zum Ende des Jahres eröffnet. Weil Mitglieder von anderen Clubs erst zum Folgejahr wechseln können, hält sich die Anzahl der Spieler in Grenzen. Und so waren trotz perfekten Witterungsbedingungen insgesamt maximal zehn Spieler auf dem Platz. Milliardärsgolf nennt man das wohl.

Das trifft in diesem Fall fast wortwörtlich zu, denn das Projekt wurde von der vermögenden Family Mourgue d’Algue initiiert, die sich auch schon für die Installation der Lâncome Trophy und das Buch der World’s Top 1000 Golf Courses verantwortlich zeigt. Mit der Eröffnung des Grand Saint Emilionnais Golf Club ging für sie ein mehr als 20 Jahre währender Traum in Erfüllung.

TOM DOAK: In St. Emilion hatten [die Morgue d’Algues] bereits vor über 20 Jahren den Bau eines Golfplatzes in Angriff genommen. Ein späterer Investor beantragte dann mit einem anderen Designer eine Baugenehmigung. Als diese endlich kam, begann gerade die Finanzkrise, so dass die Pläne auf Eis gelegt wurden und das Projekt an meinen Auftraggeber zurückverkauft wurde, der mich schließlich anheuerte. Wenn ich von Anfang an dabei gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich alles hingeschmissen.

Gibt es noch Spuren von den alten Plänen?

TOM DOAK: Schon Jahre vor unserer Beteiligung wurden zahlreiche Bäume gefällt, weshalb uns enge Grenzen für weitere Rodungen gesetzt waren. Leider war das damals vorgesehene Routing nicht das Beste und die Rodungen waren sehr schmal, wodurch es ein Puzzle wurde, wie man sie als Teil eines verbesserten Routings nutzen kann. Der Schlüssel war es schließlich, zwei oder drei Löcher schräg von einer Lichtung zur anderen anzulegen.

Der Auftakt des Platzes ist allerdings recht offen. Man beginnt die Runde direkt neben einem zum Clubhaus umgebauten Château (das allerdings weniger pompös ist, als man beim Begriff Château erwartet – eher ein Herrenhaus). Auf einem der höchsten Punkte des Geländes gelegen, hat man einen fantastischen Ausblick auf die Weinberge und die ersten Löcher. Das tiefer liefende erste Fairway wirkt dabei so einladend wie die Landebahn eines Flughafens. Nun ist es nicht ungewöhnlich auf der ersten Bahn ein breites Fairway präsentiert zu bekommen. Schließlich will man nicht schon am ersten Tee Staus produzieren, weil zwei Spieler links und zwei Spieler rechts ihre Drives in kniehohem Rough suchen. Doch der Grund ist ein anderer: Für Tom Doak ist dies eines seiner Design-Prinzipen.

TOM DOAK: Für meinen Geschmack sind moderne Golfplätze von Tee zu Green zu schwierig. Sie verlangen hohe, lange Schläge, die der durchschnittliche Golfer nicht ausführen kann, wodurch man viele Golfbälle verliert. Ich habe versucht, diese Art Schläge zu limitieren und dennoch den Platz anspruchsvoll zu halten, indem ich das kurze Spiel schwierig mache. Aber meine Grüns sind leichter zu handhaben, wenn man den Ort findet, wo man sie am Besten verfehlt. Für gewöhnlich ist das bei mir unterhalb des Lochs. Doch wenn man sich beim Schlag ins Grün keine Gedanken darüber macht und es an der falschen Seite verfehlt, hat man ein unmögliches Up and Down.


Besonders auffällig wird dieses Prinzip am ersten Par 3 des Platzes: Loch 3. Das in einem Tal gelegene Grün macht es ohnehin schwierig, den richtigen Schläger zu wählen. Da jedoch vor dem Grün auch noch ein kleiner Bach läuft, ist man verleitet, lieber einen Schläger zu viel zu nehmen. Das Problem an der Sache: Das Grün steigt von vorne nach hinten in drei Plateaus an. Wer also dem Bach sicher aus dem Wege gehen will, könnte sich anschließend mit einem extrem schwierigen Rückputt konfrontiert sehen. Aus diesem Grund ist Erfahrung auf diesem Platz extrem wichtig, weil es ein-zwei Runden braucht, um die Stellen zu identifizieren, an denen man das Grün verfehlen darf.

Aber selbst ohne diese Erfahrung ist die Runde ein Erlebnis. Eigentlich erstaunlich angesichts der vielen Einschränkungen, mit denen Tom Doak und sein Team konfrontiert waren. Denn im Grunde genommen haben sie die Bahnen nur über das vorhandene Gelände gelegt und mussten dabei sogar aufgrund des Untergrunds mit Bunkern sparsam umgehen: Für Doak-Verhältnisse bescheidene 35 Bunker finden sich auf den 18 Bahnen. Dennoch sind etliche spannende und reizvolle Bahnen herausgesprungen.

Ich würde gerne wissen, wie Sie einige meiner Lieblingslöcher gefunden haben. Beginnen wir mit der Bahn 5 (Par 5, 460 Meter von weiß), die von einem erhöhten Tee aufs Fairway und von dort wieder auf ein erhöhtes Grün spielt.

TOM DOAK: Der fünfte Abschlag liegt in einer Ecke des Geländes auf einem höher gelegenen Abschnitt, daher war er ein logischer Platz um ein Loch beginnen zu lassen. Und von hier spielt sich das Loch einfach an der Grundstücksgrenze entlang.
Die 8 (Par 4, 288 Meter) ist das kürzeste Par 4 auf dem Platz und verleitet den aggressiven Spieler möglichst nahe ans erhöhte Grün zu driven – allerdings füttert das schräg liegende Fairway den Bunker auf der rechten Seite mit Bällen. Zudem ist eine Lage links im Fairway die präferierte Position für den Schlag ins Grün.

TOM DOAK: Eines meiner Lieblingslöcher. Die erste Version des Routings hatte Loch 8 und 9 als ein Par 5 vorgesehen – in etwa so wie die 15 von Augusta. Aber ich liebe gute, kurze Par 4s in meinen Designs. Und dieses Loch in zwei aufzubrechen, schien der beste Weg zu sein, um das zu erreichen.
Die 11 (Par 4, 362 Meter) ist nach der 6 die zweite Bahn, wo es einen sehr guten Abschlag über eine Kuppe braucht, um einen blinden Schlag ins tieferliegende Grün zu vermeiden.

TOM DOAK: Das war tatsächlich in meinem ersten Routing als Par 3 gedacht, und die 12 wäre dann ein Dogleg-Par 4 in die Senke geworden. Dann haben wir jedoch gemerkt, wie nass der Untergrund unter dem potenziellen Fairway der 12 gewesen wäre. Also haben wir die 11 zu einem Par 4 verlängert und die 12 verkürzt, um die nassen Stellen zu umgehen.
Die 13 (Par 4, 359 Meter) hätte ich ohne Hilfestellung meines Mitspielers wie ein leichtes Dogleg nach links gespielt, so verwirrend ist der Blick vom Abschlag. Tatsächlich ist sie jedoch ein extremes Dogleg nach rechts mit einem Risk-Reward-Drive über einen Bunker und entlang einer Baumreihe.

TOM DOAK: Dies ist eines der Löcher, das schräg zwischen zwei vorhandenen Lichtungen geroutet ist. Ich glaube in den alten Plänen [der ehemaligen Investoren] sollte es in Richtung unseres 16. Grüns führen. Ich liebe die Lage des Grüns und die Bäume, die drum herum stehen. Und dazu verhindert diese Bahn, dass zu viele Löcher parallel laufen.

Die kurze Bahn 14 (Par 3, 135 Meter) hat ein so enormes Grün, dass es die Panorama-Funktion meiner Kamera brauchte, um es halbwegs einzufangen. Dies bedeutet eine große Möglichkeit an Pin Positions, die die Länge der Bahn stark variieren können.

TOM DOAK: Wir mussten einfach einen Übergang vom 13. Grün zum 15. Abschlag finden. Denn es ist anschließend deutlich besser den steilen Hügel auf der jetzigen 15 herab zu spielen und dann auf der 16 einen sanfteren Anstieg zu haben, als anders herum.

Die 15 (Par 5, 561 Meter) wird vermutlich das Signature Hole des Platzes werden. Nicht nur, weil das Loch nach gut 200 Metern in einem Dogleg nach links steil nach unten abfällt, sondern vor allen Dingen wegen des ungewöhnlichen Grüns, das (abgesehen von einem recht schmalen Eingang) rundherum von zahlreichen Hügeln verteidigt wird und zudem nach hinten abfällt, was insbesonders vordere Fahnenpositionen schwer erreichbar macht, wenn man von der linken Seite des Fairways kommt.

TOM DOAK: Der große Hügel etwas links vom Grün ist natürlich. Die Hügel um das Grün herum haben wir künstlich angelegt, allerdings im Stil von bereits vorhandenen Hügeln, die noch von den ursprünglichen Rodungen stammen. Ich wollte einfach nicht, dass Longhitter einen einfachen Bunkerschlag haben, wenn sie hier das Grün verfehlen. Sie sollten nervös werden, dass ihr Ball in eine schlechte Lage verspringen könnte.

Das waren im Großen und Ganzen meine Favoriten. Aber auf welche Löcher von St. Emillionais sind Sie besonders stolz?

TOM DOAK: Sie haben die meisten davon bereits aufgeführt. Ich würde sagen die 13 und die 15 sind meine beiden Lieblingslöcher. Aber ich habe auch eine Schwäche für die 12 – ein großartiges Beispiel für ein richtig langes Par 3 – und die 3 mit ihrem wilden Grün, das mein Mitarbeiter Brian Schneider geschaffen hat.

Doch St. Emilionnais auf die Qualität einzelner Löcher zu reduzieren wäre falsch. Die Stärke des Platzes ist sein flüssiges Design, das einfach dem folgt, was die Natur gegeben hat. Alles wirkt organisch und natürlich und dennoch sind die 18 Bahnen optisch reizvoll und herausfordernd. Damit hat Tom Doak bewiesen, dass es sich – selbst wenn man nicht so spektakuläre Stätten wie Barnbougle, Pacific Dunes oder Cape Kidnappers zur Verfügung hat – auch in Europa lohnen kann, einen Architekten von Rang und Namen zu engagieren. Vor diesem Schritt haben jedoch zu viele Investoren Angst.

TOM DOAK: In Europa gibt es nicht viele Projekte, bei denen es sich rechnet, soviel Geld wie in Amerika in die Hand zu nehmen. Die meisten Designer verlangen ein höheres Honorar, wenn sie mehrfach nach Übersee reisen müssen; nicht viele geben sich mit einem niedrigeren Honorar zufrieden, nur weil sie das Land und den Kunden für interessant halten. Zudem glauben viele Auftraggeber, dass ein ausländischer Designer nicht die Golfkultur des Landes oder die Unterschiede beim Genehmigungsverfahren versteht; oder sie sorgen sich, dass der Architekt nicht greifbar ist, wenn plötzlich ein Problem auftaucht. Die Art wie wir arbeiten, mit eigenen Leuten, die beim Bau helfen, ist nicht billig. Aber dafür sind immer Leute vor Ort, die sicherstellen, dass der Bau in die richtige Richtung geht.


Dass sich die Investition der Mourgue d’Algue Familie gelohnt hat, ist offensichtlich. Denn St. Emilionnais ist bereits jetzt der beste Golfplatz der Region Aquitianien. Und auch in Kontinentaleuropa sollte er bald in den Bestenlisten auftauchen. Mit denen kennt sich Tom Doak aus, wie kaum ein anderer. Schließlich war er als Jungspund federführend am ersten Golfplatz-Ranking von Golf Magazine beteiligt. Die Frage ist nun, ob es jemandem mit solchen Insider-Kenntnissen mehr oder weniger bedeutet, dass seine Plätze in Golfplatz-Rankings auftauchen?

TOM DOAK: Weniger! Wir alle wollen Plätze, die ein hohes Ansehen genießen, aber in den letzten 20 Jahren wurde unser Beruf von Architekten korrumpiert, die das bauen, was ihrer Meinung nach hilft, einen Platz ins Ranking zu bringen. Das ist der Hauptgrund, dass moderne Plätze so lang sind und bis an den Rand mit scheinbar interessanten Elementen vollgestopft werden. Viele dieser Plätze sind nicht nachhaltig – weder ökologisch noch ökonomisch – weil sie einer Goldmedaille hinterherjagen, auf die sie kaum eine Chance haben.


Gespielt am: 8.11.2015

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